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NoName|Sundial

Sundial

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"The sky says I'm still alive", sagt Noname gegen Ende ihres neuen Albums "Sundial". Die Frau aus Chicago hatte schon immer gedankenspiralige, melancholische Vibes. Aber nicht nur ihre Twitter-Präsenz oder das Cover-Artwork haben angedeutet, dass sie sich in den letzten Jahren ein paar graue Haare hat wachsen lassen. Schon im Vorfeld ihres dritten Tapes war sie auf Krawall gebürstet, verteidigte die Inklusion von Jay Electronica trotz der Antisemitismus-Vorwürfe. Das flog ihr bei seinem sehr fragwürdigen Verse auch prompt komplett um die Ohren. Aber während "Sundial" gerade im Schutt einer Twitter-Schlammschlacht zu versinken droht, will ich dazu anhalten, dem Album noch einmal neutral zu begegnen. Es wäre schade, wenn man sich nur an die Kontroversen darum erinnern würde.

Das Ding ist: Noname in ihrer Musik ist ein sehr anderer Mensch als Noname auf Social Media. Es war ja schon immer so ein bisschen ihre Brand, ein sozialistischer Schlaukopf zu sein, der sich an gruselig komplexe Themen wagt. Themen, für die das Tweet-Zeichenlimit nicht ausreicht. Aber ein Sechzehner? Noname kann damit arbeiten wie kaum jemand sonst.

"When the world blow up, that's it / Spinning into oblivion / Motherfucker, I don't care, I'ma talk my shit", fasst sie auf dem Closer "Oblivion" den Ansatz dieses Albums zusammen. Der bedeutet das Gegenteil von Verdrängung. Mit einer fast archivarischen Klarheit über Theorie und Praxis stellen sich ihre Parts der Schwere der Welt, und Noname will es mit Gusto und mit Direktheit tun. Sie will ihren Shit talken, sich ihre Haltung nicht verbiegen lassen, auch wenn sie sich der Fehlbarkeit ihrer Position sehr bewusst ist.

Das ist vielleicht der größte Unterschied zwischen Noname und Twitter-Noname: Auf diesem Album ist die Frau sich darüber schmerzhaft im Klaren. Oft wird sie inzwischen ja als dieses Paragon der Fraktion Wokeness inszeniert, aber in den Verses sind die Kerben von Einwänden vieler Seiten eingraviert. Ein wiederkehrender Konflikt ist es, die Stärke zum eigenen Willen und zur eigenen Position in einer Echokammer des immerwährenden Einspruches zu behalten, während man zu navigieren versucht und zu entscheiden, welche Kritik gerechtfertigt ist und welche man abperlen lassen kann.

Entsprechend ist Noname in ihrer Musik von Empathie und feiner Beobachtungsgabe zu charakterisieren. Kaum ein anderer Rapper spinnt eine so große Pluralität von Ansichten, Positionen und Kontrapunkten in einen Verse. Oft falsch aufgefasst wird zum Beispiel Nonames Jab an Beyoncé auf "Namesake": Erst wirkt es so, als feinde sie prominente schwarze Musiker*innen für ihre kapitalistischen Ausschweifungen an. Die Perspektive wird allerdings prompt darauf relativiert, wenn sie die Bridge mit den Lines "Go, Noname, go, Coachella stage got sanitized / I said I wouldn't perform for them / And somehow I still fell in line" subsumiert.

Wenn "Sundial" etwas wirklich großartig leistet, dann die intrinsische Verflechtung von Kritik, Selbstkritik und Mitgefühl. Wer das Gefühl hat, Noname sei eine selbstherrliche Egoistin, der hört ihr nicht zu. Wichtiger scheint ihr nach all den abstrakten Themen so etwas wie eine Praxis. Sie sucht händeringend nach einer Policy, auf die man sich einigen kann. Zum Beispiel auf "Hold Me Down", einer zwiespältigen Auseinandersetzung mit dem Konzept des schwarzen Kapitalismus und schwarzen Milliardären. Am Ende plädiert sie für eine Geeintheit, die den Schwächsten nützt.

Damit kommen wir beim Elefanten im Raum an: dem Jay Electronica-Verse, der durch dieses ganze Album an sensiblem, einfühlsamen Jazz-Rap marodiert. Was sagt er da? "It's all a hoax, quite simple, a joke like Zelensky / The imams, the rabbis, and the Pope, incidentally / Couldn't stop my boca from quotin' quotes from the senseis / If anybody asks, tell 'em Farrakhan sent me."

Entschuldigt das Abschweifen, aber das muss gebührend aufgedröselt werden. Erstens: Ein Witz wie Zelensky? Alle religiösen Anführer der Welt wollen ihn davon abhalten, Farrakhan zu zitieren? Klingt erstmal wie zugekiffter, konspirativer Nonsens. Vor allem, wenn man bedenkt, dass der Nation of Islam-Chef Louis Farrakhan von mehreren offiziellen Stellen als homophob und sehr antisemitisch bezeichnet wird, und wir reden hier nicht von einem bisschen Antisemitismus, wir reden hier davon, dass der Kerl glaubt, Juden hätten alles Übel der Welt zu verschulden und Zitaten wie "Hitler war ein sehr guter Mann".

Es reicht aber noch weiter. Jay Electronica macht sich über Rothschilds lustig, rappt dann: "Everywhere I step foot I leave a trail of names / Of the sons of Yakub, in a trail of flames." Es braucht keine assoziative oder kreative Meisterschaft, um nach der Benennung von Rothschilds, der in der NOI oft als Söhne Yakubs betitelten Juden und einer "trail of flames" unangenehme Verbindungen herzustellen. Schließlich endet der Verse mit den Lines: "It's the war of Armageddon and I'm beggin' the listener / If you ain't fightin', that mean you either dead or a prisoner." Das erinnert an Kollegahs sehr dünn verschleierte antisemitische Arie.

Selbst, wenn man irgendeinen akrobatischen Weg findet, das alles so zu interpretieren, dass es nicht antisemitisch sei, sondern nur zufällig sehr antisemitisch aussehe, fällt schwer, zu verstehen, was Noname sonst in diesem Verse sah. Sie selbst schafft, auch danach gefragt, keine plausible Antwort, außer, dass sie gegen weiße Vorherrschaft sei und Jay Electronica gut finde. Ob sie jetzt meint, dass Juden und Weiße das Gleiche seien oder nicht: Es ist dumm, nutzlos und wirft einen dunklen Schatten auf ihre Arbeit, in deren Vordergrund doch immer Intelligenz und Selbstreflexion gestanden haben. Es ist, als holpere ein Rapper, der für geilen Micskill bekannt ist, bei einem Live-Auftritt atemlos neben dem Beat. Es stellt Dinge in Frage.

Dabei ist Noname selbst auf diesem Song in einer so guten Form, dass sie diesem In-Frage-Gestellt-Werden standhalten sollte: "Fascinated with mourning, they hope the trauma destroy her / Why everybody love a good sad song, a dark album, like? / Tell me that your homie dead, your mama dead", rappt sie da und gibt einen Anhaltspunkt. "Sundial" wirkt wie ein Album, das einen Artist zeigt, an dem von allen Seiten gerupft wird. Wir haben es wieder und wieder gesehen, wie die Reputation von klugen schwarzen Artists beim ersten Misstrauen gerädert wird. Man denke an Talib Kweli, man denke an Killer Mike.

Noname nimmt dieses Album als Reaktion auf eine Position in der Gesellschaft, in der von ihr erwartet wird, sich aller Schwere der Welt mit Bravour zu stellen. Sie weiß, die kleinste Schwäche wird sie zur Zielscheibe machen. Von allen Seiten. Von Leuten, denen nichts links genug sein kann, denen nichts radikal schwarz genug sein kann, denen nichts antikapitalistisch genug sein kann, aber genau so von ihren Casual-Fans, die jetzt plötzlich Schwäche wittern, und von einer Meute wahlloser Leute, denen sie von Anfang an ein Dorn im Auge war. Vielleicht bewundert sie gerade dafür einen Jay Electronica, der einfach jenseits jeder Vernunft und Verantwortung himmelschreiend seine Scheiße redet, sich deshalb für den Größten hält und dafür nicht einmal ein Hundertstel der Konsequenzen erfährt wie sie dafür, ihn auf dem Album zu haben.

Das ist keine Entschuldigung, aber eine Einordnung. Genau wie Noname sich die Frage gefallen lassen muss, was sie an diesem Part fand und warum sie so Ride-or-Die dafür ist, können wir uns gleichzeitig die Frage stellen, warum so viele ein so großes Talent beim ersten Fehltritt so fallenlassen. Wenn wir uns an "Sundial" erinnern, dann bitte nicht nur an die Kontroverse, sondern auch an die künstlerische Leistung. An Nonames clevere, bissige Auseinandersetzung mit Erschöpfung und Selbstbehauptung, die musikalisch-sonnigen Jazz-Vibes mit melancholisch, zynischem Abgang, die anderen tollen Gastparts von Billy Woods oder Common. An die Tatsache, dass Noname zu den wenigen Rapperinnen und Rappern gehört, die sowohl in Theorie denken können als auch den Mut zur Praxis besitzen. Dieses Album lohnt die Auseinandersetzung damit.

© Laut

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Sundial

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1
black mirror Explicit
00:02:17

Copyright Control, MusicPublisher - NoName, MainArtist - Daoud, Producer - Fatimah Warner, Composer

(C) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc. (P) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc.

2
hold me down Explicit
00:02:21

Copyright Control, MusicPublisher - NoName, MainArtist - Jimetta Rose, Composer, FeaturedArtist - Gaetan Judd, Producer - Fatimah Warner, Composer - Voices of Creation, FeaturedArtist

(C) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc. (P) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc.

3
balloons Explicit
00:03:44

Saba, Producer - Copyright Control, MusicPublisher - Jay Electronica, Composer, FeaturedArtist - NoName, MainArtist - Eryn Allen Kane, FeaturedArtist - Fatimah Warner, Composer - Ben Nartey, Producer

(C) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc. (P) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc.

4
boomboom Explicit
00:03:22

Copyright Control, MusicPublisher - NoName, MainArtist - Gaetan Judd, Producer - Fatimah Warner, Composer - Ayoni, Composer, FeaturedArtist

(C) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc. (P) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc.

5
potentially the interlude Explicit
00:02:07

Copyright Control, MusicPublisher - NoName, MainArtist - Fatimah Warner, Composer - Yussef Dayes, Producer - Wesley Singerman, Producer

(C) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc. (P) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc.

6
namesake Explicit
00:02:58

Copyright Control, MusicPublisher - NoName, MainArtist - Fatimah Warner, Composer - Slimwav, Producer

(C) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc. (P) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc.

7
beauty supply Explicit
00:03:13

Copyright Control, MusicPublisher - Emil, Producer - NoName, MainArtist - Fatimah Warner, Composer

(C) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc. (P) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc.

8
toxic Explicit
00:03:14

Saba, Producer - Copyright Control, MusicPublisher - NoName, MainArtist - Fatimah Warner, Composer - Ben Nartey, Producer - AJ Halls, Producer

(C) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc. (P) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc.

9
afro futurism Explicit
00:02:00

Copyright Control, MusicPublisher - NoName, MainArtist - Fatimah Warner, Composer - Nascent, Producer

(C) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc. (P) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc.

10
gospel? Explicit
00:03:36

Copyright Control, MusicPublisher - STOUT, Composer, FeaturedArtist - NoName, MainArtist - Billy Woods, Composer, FeaturedArtist - Gaetan Judd, Producer - Fatimah Warner, Composer - $ilkMoney, Composer, FeaturedArtist

(C) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc. (P) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc.

11
oblivion Explicit
00:02:58

Copyright Control, MusicPublisher - Berg, Producer - Common, Composer, FeaturedArtist - NoName, MainArtist - Fatimah Warner, Composer - Ayoni, FeaturedArtist

(C) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc. (P) 2023 Noname, Inc under exclusive license to AWAL Recordings America, Inc.

Albumbeschreibung

"The sky says I'm still alive", sagt Noname gegen Ende ihres neuen Albums "Sundial". Die Frau aus Chicago hatte schon immer gedankenspiralige, melancholische Vibes. Aber nicht nur ihre Twitter-Präsenz oder das Cover-Artwork haben angedeutet, dass sie sich in den letzten Jahren ein paar graue Haare hat wachsen lassen. Schon im Vorfeld ihres dritten Tapes war sie auf Krawall gebürstet, verteidigte die Inklusion von Jay Electronica trotz der Antisemitismus-Vorwürfe. Das flog ihr bei seinem sehr fragwürdigen Verse auch prompt komplett um die Ohren. Aber während "Sundial" gerade im Schutt einer Twitter-Schlammschlacht zu versinken droht, will ich dazu anhalten, dem Album noch einmal neutral zu begegnen. Es wäre schade, wenn man sich nur an die Kontroversen darum erinnern würde.

Das Ding ist: Noname in ihrer Musik ist ein sehr anderer Mensch als Noname auf Social Media. Es war ja schon immer so ein bisschen ihre Brand, ein sozialistischer Schlaukopf zu sein, der sich an gruselig komplexe Themen wagt. Themen, für die das Tweet-Zeichenlimit nicht ausreicht. Aber ein Sechzehner? Noname kann damit arbeiten wie kaum jemand sonst.

"When the world blow up, that's it / Spinning into oblivion / Motherfucker, I don't care, I'ma talk my shit", fasst sie auf dem Closer "Oblivion" den Ansatz dieses Albums zusammen. Der bedeutet das Gegenteil von Verdrängung. Mit einer fast archivarischen Klarheit über Theorie und Praxis stellen sich ihre Parts der Schwere der Welt, und Noname will es mit Gusto und mit Direktheit tun. Sie will ihren Shit talken, sich ihre Haltung nicht verbiegen lassen, auch wenn sie sich der Fehlbarkeit ihrer Position sehr bewusst ist.

Das ist vielleicht der größte Unterschied zwischen Noname und Twitter-Noname: Auf diesem Album ist die Frau sich darüber schmerzhaft im Klaren. Oft wird sie inzwischen ja als dieses Paragon der Fraktion Wokeness inszeniert, aber in den Verses sind die Kerben von Einwänden vieler Seiten eingraviert. Ein wiederkehrender Konflikt ist es, die Stärke zum eigenen Willen und zur eigenen Position in einer Echokammer des immerwährenden Einspruches zu behalten, während man zu navigieren versucht und zu entscheiden, welche Kritik gerechtfertigt ist und welche man abperlen lassen kann.

Entsprechend ist Noname in ihrer Musik von Empathie und feiner Beobachtungsgabe zu charakterisieren. Kaum ein anderer Rapper spinnt eine so große Pluralität von Ansichten, Positionen und Kontrapunkten in einen Verse. Oft falsch aufgefasst wird zum Beispiel Nonames Jab an Beyoncé auf "Namesake": Erst wirkt es so, als feinde sie prominente schwarze Musiker*innen für ihre kapitalistischen Ausschweifungen an. Die Perspektive wird allerdings prompt darauf relativiert, wenn sie die Bridge mit den Lines "Go, Noname, go, Coachella stage got sanitized / I said I wouldn't perform for them / And somehow I still fell in line" subsumiert.

Wenn "Sundial" etwas wirklich großartig leistet, dann die intrinsische Verflechtung von Kritik, Selbstkritik und Mitgefühl. Wer das Gefühl hat, Noname sei eine selbstherrliche Egoistin, der hört ihr nicht zu. Wichtiger scheint ihr nach all den abstrakten Themen so etwas wie eine Praxis. Sie sucht händeringend nach einer Policy, auf die man sich einigen kann. Zum Beispiel auf "Hold Me Down", einer zwiespältigen Auseinandersetzung mit dem Konzept des schwarzen Kapitalismus und schwarzen Milliardären. Am Ende plädiert sie für eine Geeintheit, die den Schwächsten nützt.

Damit kommen wir beim Elefanten im Raum an: dem Jay Electronica-Verse, der durch dieses ganze Album an sensiblem, einfühlsamen Jazz-Rap marodiert. Was sagt er da? "It's all a hoax, quite simple, a joke like Zelensky / The imams, the rabbis, and the Pope, incidentally / Couldn't stop my boca from quotin' quotes from the senseis / If anybody asks, tell 'em Farrakhan sent me."

Entschuldigt das Abschweifen, aber das muss gebührend aufgedröselt werden. Erstens: Ein Witz wie Zelensky? Alle religiösen Anführer der Welt wollen ihn davon abhalten, Farrakhan zu zitieren? Klingt erstmal wie zugekiffter, konspirativer Nonsens. Vor allem, wenn man bedenkt, dass der Nation of Islam-Chef Louis Farrakhan von mehreren offiziellen Stellen als homophob und sehr antisemitisch bezeichnet wird, und wir reden hier nicht von einem bisschen Antisemitismus, wir reden hier davon, dass der Kerl glaubt, Juden hätten alles Übel der Welt zu verschulden und Zitaten wie "Hitler war ein sehr guter Mann".

Es reicht aber noch weiter. Jay Electronica macht sich über Rothschilds lustig, rappt dann: "Everywhere I step foot I leave a trail of names / Of the sons of Yakub, in a trail of flames." Es braucht keine assoziative oder kreative Meisterschaft, um nach der Benennung von Rothschilds, der in der NOI oft als Söhne Yakubs betitelten Juden und einer "trail of flames" unangenehme Verbindungen herzustellen. Schließlich endet der Verse mit den Lines: "It's the war of Armageddon and I'm beggin' the listener / If you ain't fightin', that mean you either dead or a prisoner." Das erinnert an Kollegahs sehr dünn verschleierte antisemitische Arie.

Selbst, wenn man irgendeinen akrobatischen Weg findet, das alles so zu interpretieren, dass es nicht antisemitisch sei, sondern nur zufällig sehr antisemitisch aussehe, fällt schwer, zu verstehen, was Noname sonst in diesem Verse sah. Sie selbst schafft, auch danach gefragt, keine plausible Antwort, außer, dass sie gegen weiße Vorherrschaft sei und Jay Electronica gut finde. Ob sie jetzt meint, dass Juden und Weiße das Gleiche seien oder nicht: Es ist dumm, nutzlos und wirft einen dunklen Schatten auf ihre Arbeit, in deren Vordergrund doch immer Intelligenz und Selbstreflexion gestanden haben. Es ist, als holpere ein Rapper, der für geilen Micskill bekannt ist, bei einem Live-Auftritt atemlos neben dem Beat. Es stellt Dinge in Frage.

Dabei ist Noname selbst auf diesem Song in einer so guten Form, dass sie diesem In-Frage-Gestellt-Werden standhalten sollte: "Fascinated with mourning, they hope the trauma destroy her / Why everybody love a good sad song, a dark album, like? / Tell me that your homie dead, your mama dead", rappt sie da und gibt einen Anhaltspunkt. "Sundial" wirkt wie ein Album, das einen Artist zeigt, an dem von allen Seiten gerupft wird. Wir haben es wieder und wieder gesehen, wie die Reputation von klugen schwarzen Artists beim ersten Misstrauen gerädert wird. Man denke an Talib Kweli, man denke an Killer Mike.

Noname nimmt dieses Album als Reaktion auf eine Position in der Gesellschaft, in der von ihr erwartet wird, sich aller Schwere der Welt mit Bravour zu stellen. Sie weiß, die kleinste Schwäche wird sie zur Zielscheibe machen. Von allen Seiten. Von Leuten, denen nichts links genug sein kann, denen nichts radikal schwarz genug sein kann, denen nichts antikapitalistisch genug sein kann, aber genau so von ihren Casual-Fans, die jetzt plötzlich Schwäche wittern, und von einer Meute wahlloser Leute, denen sie von Anfang an ein Dorn im Auge war. Vielleicht bewundert sie gerade dafür einen Jay Electronica, der einfach jenseits jeder Vernunft und Verantwortung himmelschreiend seine Scheiße redet, sich deshalb für den Größten hält und dafür nicht einmal ein Hundertstel der Konsequenzen erfährt wie sie dafür, ihn auf dem Album zu haben.

Das ist keine Entschuldigung, aber eine Einordnung. Genau wie Noname sich die Frage gefallen lassen muss, was sie an diesem Part fand und warum sie so Ride-or-Die dafür ist, können wir uns gleichzeitig die Frage stellen, warum so viele ein so großes Talent beim ersten Fehltritt so fallenlassen. Wenn wir uns an "Sundial" erinnern, dann bitte nicht nur an die Kontroverse, sondern auch an die künstlerische Leistung. An Nonames clevere, bissige Auseinandersetzung mit Erschöpfung und Selbstbehauptung, die musikalisch-sonnigen Jazz-Vibes mit melancholisch, zynischem Abgang, die anderen tollen Gastparts von Billy Woods oder Common. An die Tatsache, dass Noname zu den wenigen Rapperinnen und Rappern gehört, die sowohl in Theorie denken können als auch den Mut zur Praxis besitzen. Dieses Album lohnt die Auseinandersetzung damit.

© Laut

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