Bach: Sonatas & Partitas for Solo Violin (Recorded 2020)

James Ehnes

Erschienen am 26.11.21 bei PM Classics Ltd.
Künstler: James Ehnes
Genre: Klassik

Digitales Booklet

Verfügbar in

24-Bit/96 kHz Stereo

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Die Auszeichnung des Geigers James Ehnes als "Künstler des Jahres" bei der Verleihung der Gramophone Awards 2021 war besonders gerecht und angemessen. Der jüngste Höhepunkt seines Beethoven-Sonaten-Zyklus hätte allein schon ausgereicht, um diese Auszeichnung zu erhalten. Doch die Covid-Ausgangssperre hat dazu geführt, dass Ehnes mit dem, was er von seinem Wohnzimmer aus veröffentlichte, weit über das Übliche hinausging. Denn während vieles von dem, was Musiker zuhause aufnahmen, informell und improvisiert war und über die mobilen Geräte, die sie zufällig besaßen, übertragen wurde, tat Ehnes Größeres: Er kaufte ein Paar Telefunken M60-Mikrofone mit TK61-Kugelkapseln und stellte sie in seinem großen Wohnzimmer mit Parkettboden auf, aus dem er alle Möbel entfernt hatte. Dann realisierte er in den frühen Morgenstunden, wenn die Welt endlich einen Grad der Stille erreicht hatte, der einem schallisolierten Studio ähnelte, Video- und Audioaufnahmen der kompletten Solo-Violinsonaten von J. S. Bach und Ysaÿe. Das Ergebnis war eine der wenigen gefilmten Lockdown-Performance-Serien, deren technische und künstlerische Werte sie zu dauerhaften Kunstwerken machte und deren einzige hörbare Verbindung zu jenen seltsamen Lockdown-Tagen vielleicht in einem erhöhten Gefühl für emotionale Intensität und für die umgebende Stille besteht. Im vergangenen Sommer veröffentlichte Onyx seine großartige Interpretation der Ysaÿe-Sonaten. Und hier ist nun Bach: Ehnes' zweite Einspielung dieses Werks. Die erste wurde genau vor 20 Jahren, im Jahr 2000, bei Analekta veröffentlicht.

Ehnes' Interpretationen haben sich zwar im Laufe der Jahre weiterentwickelt, lassen aber den Künstler deutlich wiedererkennen. Seine Großzügigkeit und leidenschaftliche Dramatik sind geblieben und viele Änderungen sind die natürliche Fortsetzung seiner früheren Ziele.

Ein deutlicher Unterschied ist die veränderte Aufnahmeakustik: Sie ist heller und unmittelbarer und dient als perfekte Leinwand, vor der seine perfekte Technik zur Geltung kommt. Man hat durchweg den Eindruck, dass sich der Geiger auf dem Höhepunkt seiner technischen Fähigkeiten befindet. Weiterhin fallen die insgesamt leicht schnelleren Tempi auf, auch wenn es sich oft nur um ein paar Sekunden handelt. Im Grunde ist es so, als hätte Ehnes so lange und intensiv in diesen Werken gelebt, dass sie ganz zu seiner eigenen Stimme geworden sind. In den leidenschaftlichsten Passagen zieht das Tempo ganz von selbst an. Infolgedessen kommt seine Virtuosität deutlicher zum Vorschein, was sich sehr angenehm und keineswegs störend auswirkt.

Die schönsten Momente? Nun, mir gefällt die leicht veränderte emotionalen Architektur in der Fuge der Sonate Nr. 1 in g-Moll. Auf seiner ersten Einspielung beginnt er mit kräftigem Ton, als ob wir ihn mitten in einem leidenschaftlichen Gespräch erwischten. Hier beginnt er zurückhaltender und gewinnt dadurch mehr Raum für Entwicklung. Die echoartige Wiederholung des Themas in der höheren Lage kurz danach ist von zarter, klarer, etwas wehmütiger Reinheit. Diese Dinge klingen vielleicht wie Kleinigkeiten (was sie tatsächlich auch sind), doch summiert sich alles zu einem höchst befriedigenden Sinn für Architektur und einer tiefen und vielschichtigen emotionalen Welt. Was die berühmte d-Moll-Chaconne betrifft, so erscheint diese durch sein warmes, reiches, starkes, gefühlvolles Timbre als eine ebenso überzeugte, nicht-historische Interpretation wie seine erste Aufnahme. Einige Passagen haben dennoch einen leicht historischen Anklang. Insgesamt verlieren Querverweise jedoch sowohl bei der Chaconne mit ihrer auffallend emotionalen und doch höchst ausgefeilten Lesart als auch bei der Aufnahme als Ganzes schnell an Reiz. Denn letztlich ist diese Darbietung von einer Kraft und Schönheit, in der man sich verlieren und sich ganz dem Moment hingeben kann. © Charlotte Gardner/Qobuz

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