Der Selbstmord des Sängers von Joy Division vor vierzig Jahren spukt immer noch durch die Post-Punk- und New-Wave-Szene sowie die gesamte Geschichte des Rock. In nur zwei Alben hat die Kultband aus Manchester mit ihrem charismatischen Leader, der heute noch die Musikszene beeinflusst, die grauen, deprimierenden Industriestädte glorifiziert.

Am Samstag, den 17. Mai 1980, lief im Fernsehen Stroszeck. Dieser faszinierende und düstere Film gehört nicht zu den berühmtesten des brillanten und überspannten Filmemachers Werner Herzog, aber die Geschichte des Ex-Sträflings, der auszieht, um den amerikanischen Traum zu leben und sich zum Schluss selbst in die Luft jagt, berührte Ian Curtis an diesem Abend vor seinem Fernseher zutiefst. Amerika – am Montag sollte der Sänger von Joy Division mit seiner Band für eine lange Tournee dorthin fliegen. Er wählte den Freitod und erhängte sich wenige Stunden, nachdem er den Film gesehen und auch Iggy PopThe Idiot angehört hatte, in seiner Küche. Curtis war 23 Jahre alt und hatte erst 50 Lieder geschrieben. Dennoch sind vierzig Jahre nach seinem frühen Tod die Spuren, die er in der Geschichte des Rock hinterlässt, unauslöschlich und wirken heute noch nach.

Als Joy Division 1976 Form annahm, wurde England gerade durch die Punk-Szene erschüttert. Am 20. Juli machten die Sex Pistols in der Lesser Free Trade Hall in Manchester Furore. Im Saal trafen der Gitarrist Bernard Sumner und der Bassist Peter Hook Ian Curtis und boten ihm an, in der Band zu singen, die sie gründen wollten. Sie nannten sich nicht gleich Joy Division, sondern zunächst Stiff Kittens und dann Warsaw, eine Anspielung auf das Lied Warszawa von Bowies Album Low. Alle merkten schnell, dass Curtis nicht so war wie die anderen. Er las Dostojewski, Gogol, Nietzsche, Sartre, Burroughs, Ezra Pound, J. G. Ballard und Hermann Hesse und sein Musikgeschmack war eklektischer als der seiner Zeitgenossen. "Ian kannte sich mit Künstlern wie CanKraftwerk und Velvet Underground viel besser aus als wir", erklärte Peter Hook dem Journalisten Jon Savage in dessen Buch This Searing Light, the Sun and Everything Else - Joy Division: The Oral History von 2019. "Ian ließ uns Iggy und ähnliches entdecken, weil Bernard und ich Pop, Reggae,Led ZeppelinDeep Purple hörten. Aber Ian hat sich nie aufgedrängt, er war überhaupt nicht penetrant, und es war einfach schön mit ihm zusammen zu sein, er hat unsere Allgemeinbildung verbessert.“

Melden Sie sich kostenlos an, um weiterzulesen

Playlists