Das weiße Album der Beatles, die Entstehung eines Mythos

Als die Beatles im Februar 1968 nach Indien aufbrechen, um den Lehren des Gurus Maharishi Mahesh Yogi zu folgen, liegt ihnen die Welt zu Füßen. 1967, das als das Jahr des Psychedelic Rock gelten sollte (ein Genre, zu dem die Beatles mit dem 1966 erschienenen Album Revolver und seinen Stücken Tomorrow Never Knows oder Love You To einen nicht unwichtigen Beitrag leisteten) haben die vier Jungs aus Liverpool die Konkurrenz mit der Single Strawberry Fields Forever/Penny Lane, dem Film Magical Mystery Tour, dem unvergesslichen I Am the Walrus und natürlich dem Album Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band (das seit seiner Veröffentlichung und noch heute als wichtigstes Pop-Album aller Zeiten gilt), hinter sich gelassen. Die Fab Four haben sogar eine Boutique eröffnet und ein Label mit dem Namen Apple Records gegründet. Von nun an scheint alles möglich für diese jungen Männer, die als authentische Genies beschrieben und deren fabelhafte Kompositionen sogar von Jazzmusikern gecovert werden.

Aber im Mai 1968 haben die Beatles genug vom Psychedelic Rock und in den USA sind Bands wie The Band oder Creedence Clearwater Revival gerade dabei, das Genre zum alten Eisen zu erklären. In Indien entspannen die Beatles, meditieren hin und wieder und komponieren vor allem Lieder. Ihr Freund Donovan (der neben Mike Love von den Beach Boys, der Schauspielerin Mia Farrow und ihrer kleinen Schwester Prudence sowie den jeweiligen Lebenspartnerinnen der vier Bandmitglieder ebenfalls in Indien dabei war) erklärt ihnen die Grundlagen des “Fingerpicking”, einer Spieltechnik der Gitarre. Lennon sollte diese Technik bei Dear Prudence und Julia, McCartney bei Blackbird und Mother Nature’s Son anwenden. Sie schrieben während ihres Aufenthaltes sogar derart viele Songs, das George Harrison sich eines Tages aufregt: „Wir sind hier, um zu meditieren, nicht um unser nächstes Album zu schreiben!“ Der Indien-Trip droht langsam nach hinten loszugehen: Lennon fragt sich, ob der Maharishi nicht ein Betrüger sei… Schon gibt es die ersten Gerüchte und man munkelt, der alte Weise hätte junge Frauen im berühmten Ashram von Rishikesh sexuell belästigt. Zudem erreicht sie eine traurige Nachricht aus der Heimat: Ihr Manager und Entdecker, Brian Epstein ist an einer Überdosis gestorben.